Saison 2015 – Rückblick

Bevor es in die Planung der neue Saison geht möchte ich die alte Saison noch einmal Revue passieren lassen. Das Ganze möchte ich in drei Schritten versuchen:

  1. Performance Management Chart Erläuterung
  2. Rückblick auf die Höhe- & Tiefpunkte
  3. Statistiken – 2015 in Zahlen

Performance Management Chart 

Performance Management Chart, was ist das eigentlich? Was zeigt es mir? Was bringt es mir? Der PMC ist folgendermaßen aufgebaut. Auf der x-Achse befindet sich eine Zeitleiste (angegeben in Monaten) und auf der y-Achse befindet sich eine Skala von -100 bis +250. Des Weiteren werden drei verschiedene Graphen in dem Diagramm dargestellt. Diese Graphen kommen durch den tagtäglichen Trainingsimpuls zu stande. Je nachdem wie intensiv und viel man trainiert verändern sich die verschiedenen Werte. Mit Hilfe dieser Werte lässt sich eine Saison bzw. eine direkte Wettkampfvorbereitung sehr gut planen. Aber was genau stellen die drei Werte dar?

PMC15 Kopie Kopie

In Blau dargestellt wird hier die sogenannte Chronic Training Load (CTL). Dieser Wert stellt nichts anderes als die aktuelle Fitness dar. Kurz gesagt, je höher die CTL (Fitness) desto stärker ist man. Die CTL lässt sich jedoch nicht ins unendliche steigern, da sie vom jeweiligen Trainingsumfang abhängt und irgendwann das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Außerdem sollte man aufpassen, die CTL nicht zu schnell zu steigern, man spricht von maximal 4-8 Punkte pro Woche, da sonst die Gefahr eines Übertrainings besteht. Des Weiteren ist für einen erfolgreichen Wettkampf bei Weitem nicht nur die CTL entscheidend. Neben der CTL gibt es nämlich auch noch die ATL (Acute Training Load), im Diagramm rot dargestellt. Die ATL stellt die Ermüdung dar. Je höher der Wert, desto müder und schlapper ist man. Bei sehr hoher ATL merkt man meistens die schwere Beine vom Vortag und es fällt einem schwer gute Leistung zu erbringen. Wenn man die ATL von der CTL subtrahiert, erhält man den dritten Wert, die TSB (Training Stress Balance), im Diagramm in gelb dargestellt. Die TSB zeigt wie ausgeglichen Fitness und Ermüdung sind. Wenn man beispielweise eine Woche viel und hart trainiert wird dieser Wert schnell ins negative sinken, da die Ermüdung (ATL) sehr stark ansteigen wird. Von daher ist es relativ normal, wenn die TSB bei einem kontinuierlichen Training lang im Negativen ist. Man sollte jedoch darauf achten, dass der Wert zum Wettkampf hin langsam Richtung Null bzw. ins Positive wandert. Die besten Wettkampfleistungen lassen sich meistens bei Werten zwischen -10 bis +20 erreichen. Bei einem zu positiven Wert ist der Körper eigentlich zu erholt, um nun im Wettkampf Höchstleistung zu erbringen und bräuchte erst zwei bis drei Tage um den Motor wieder ans Laufen zu bekommen.

Im Diagramm habe ich außerdem ein paar markante Stellen markiert, welche zum Großteil die Saisonhöhepunkte bzw. Tiefpunkte darstellen und anhand dessen ich nun den Rückblick starten möchte.

Rückblick auf die Höhe- und Tiefpunkte

Mein eigentlich Plan für die Saison 2015 war es über den Winter mit einem kontinuierlichen und sehr intensiven Training meine Leistungswerte zu steigern. Ich wollte gut vorbereitet für die ersten Saisonhöhepunkte sein. Die Hauptziele bestanden in den beiden 24 Stunden Rennen in Zandvoort und auf dem Nürburgring. Außerdem wollte ich meine Zeit beim Ötztaler um über eine Stunde unterbieten. Leider kam es alles etwas anders und so hatte ich im Winter mehrere Monate mit verschiedenen gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Wie man auch dem Diagramm entnehmen kann, konnte ich erst Mitte Januar wieder richtig ins Training einsteigen. Mit Lüttich-Bastogne-Lüttich und dem GCC Rennen in Frankfurt standen die ersten Rennen erst Ende April an und so war noch einiges an Zeit um sich intensiv darauf vorzubereiten.

Das intensive Training funktionierte sogar erstaunlich gut und die Fortschritte waren fast wöchentlich spürbar und so stieg auch meine Fitness (CTL/blau) von 17 (Mitte Januar) auf fast 90 (Ende März), was für diesen Zeitraum etwa 7 pro Woche entspricht und somit schon recht stark am Maximum war. Von daher war es gar nicht verkehrt, dass es Anfang April eine Woche in den (Radfreien) Urlaub ging, wie man bei der 1 im Diagramm auch deutlich erkennen kann. Die Fitness geht zwar direkt nach unten, aber gleichzeitig sinkt die hohe Ermüdung (ATL/rot) stark ab.

Kurz nach dem Urlaub habe ich mir ein neues Rennrad für diese Saison gekauft. Ich hatte schon länger mit einem neuen Rahmen geliebäugelt und habe dann ein Angebot für ein Cervelo S3 gefunden, welches ich nicht ausschlagen konnte. Im darauffolgenden Monat war die Motivation hoch und ich habe wieder viele Stunden auf dem Renner verbracht, um mich auf Lüttich-Bastogne-Lüttich vorzubereiten. Einige Tage vor dem ersten Highlight entschied ich mich dazu einen Leistungstest über eine Stunde zu fahren. Ich wollte wissen, wie gut das Training in diesem Frühjahr funktioniert hatte und auf welchem Niveau ich mit befand. Mit 288 Watt über 59 Minuten hatte ich meine Erwartungen um Längen übertroffen, nur leider habe ich während des Leistungstests Krämpfe bekommen, welche ich zunächst ignorierte. Die Folge war, dass ich extreme Schmerzen in der rechten Wade bekam und die nächsten Tage kaum laufen konnte. Zwischenzeitlich hatte ich sogar den Verdacht auf einen Muskelfaserriss, was praktisch einem Saisonende gleich gekommen wäre. Zum Glück stellte es sich dann aber nur als eine hartnäckige Muskelverhärtung heraus, an einen Start beim Lüttich-Bastogne-Lüttich war jedoch nicht mehr zu denken und so musste ich mein erstes Saisonhighlight leider absagen. Das Rennen in Frankfurt war nur einige Tage später, aber ich war optimistisch, dass die Wade bis zum Rennen wieder in Ordnung ist, doch leider kam es anders als gedacht. Nicht die Wade wurde zum Problem, sondern ein zum Glück vereitelter Terroranschlag auf das Radrennen. In der Nacht zum Vortag des Rennens wurde ein Ehepaar in Eschborn festgenommen, welches einen Terroranschlag auf das Radrennen geplant hatte. Nach einem kurzen hin und her beschloss die Polizei die Veranstaltung abzusagen. Meiner Meinung nach eine vertretbare und vor allem richtige Entscheidung. Im Nachhinein kam es zwar zu viel Kritik an Polizei und Veranstalter, aber zu diesem Zeitpunkt konnte einfach niemand einen sicheren Ablauf des Rennens garantieren.

In den Wochen danach schaffte ich es nicht sonderlich regelmäßig aufs Rad, meine Motivation hatte unter der Absage der ersten beiden Rennen deutlich gelitten, aber schon bald stand Pfingsten im Kalender und Pfingsten fährt man ja bekanntlich in Bimbach. Der Rhönmarathon (2) lief gut und machte wieder richtig Spaß. Anders als im letzten Jahr, wo wir bei tropischer Hitze unterwegs waren, zeigte sich das Wetter dieses Jahr von seiner besten Seite. Ich war flott unterwegs, fast 4 km/h im Durchschnitt schneller als im letzten Jahr, aber die Spitze war noch einen Ticken zu schnell für mich.

Als nächstes Highlight und einer meiner Saisonhöhepunkte stand das 24 Stunden Rennen in Zandvoort an (3). Wie man im Diagramm erkennen kann lief die Vorbereitung gut und ich konnte das Niveau vom Rhönmarathon beibehalten. Erst in der letzten Woche vor dem Rennen sieht man wie die CTL (blau) abnimmt, um beim 24 Stunden Rennen gut erholt an den Start zu gehen. Das Wetter dieses Jahr war sehr extrem, wir hatten Böen mit bis zu 50 Stundenkilometern und so war das Rennen von Anfang bis Ende wirklich hart. Zuvor hatte ich noch ein wenig Bedenken, ob meine sich auf intensive und kurze Einheiten beschränkende Vorbereitung für dieses Rennen eignet war, aber diese Gedanken waren schnell verflogen. Das Rennen lief richtig gut und wurde zu einem spannenden Kopf an Kopf Rennen um Platz 1. Doch in dem Moment, in welchem ich gerade wieder Platz 1 der Solofahrer zurückerkämpft hatte versagte mein Knie. Ich musste 3 Stunden vor Rennende verletzt aufgeben und wurde auf Platz 4 durchgereicht. Auch wenn ich meine bisherige Bestleitung um über 20 Kilometer auf 591 Kilometer verbessern konnte, war ich völlig am Boden zerstört. Das Rennen, welches eines der Saisonhöhepunkte darstellen sollte wurden zum absoluten Tiefpunkt. In den darauffolgenden Wochen verbrachte ich kaum Zeit auf dem Rad, meine Fitness sankt stark ab. Erst zum Sommerurlaub in den Alpen (4) konnte ich wieder richtig trainieren.

Es ging nach Südtirol, geplant waren 2 Wochen und am letzten Tag stand ein Start beim Engadin Radmarathon auf dem Plan. Das Wetter war fantastisch und ich sammelte viele Kilometer und Höhenmeter. Stattete dem Timmelsjoch einen Besuch ab und drehte mehrfach die Runde übers Stilfser Joch und dem Umbrailpass. Am achten Tag des Urlaubs kam dann allerdings das bittere Ende. Nach wenigen Kilometern vom Hotel nahm mir ein einheimischer Radfahrer die Vorfahrt und wir knallten fast ungebremst ineinander. Ich hatte unheimliches Glück, kam mit Schürfwunden, Prellungen, Stauchungen und einer Nierenstauchung davon, an Radfahren war jedoch erstmal nicht zu denken, der Urlaub war zu Ende. Mein neues Cervelo überstand den Unfall leider auch nicht unbeschadet und so waren Laufräder und Rahmen hinüber. Meinen Start beim Engadin Radmarathon musste ich natürlich auch absagen, ein Jammer, an dem Tag waren nämlich optimale Voraussetzungen für einen Alpenmarathon. Im Diagramm kann man schön erkennen, wie die CTL durch die Woche in den Alpen stark ansteigt, bis schließlich der Unfall kam und ich die anschließenden Wochen nur schwer bis kaum trainieren konnte.

Ende Juli stand das 24 Stunden Rennen auf dem Nürburgring auf dem Plan. Doch die Vorzeichen hätten schlechter kaum sein können. Meine Fitness war Meilen vom dem Stand entfernt, auf welchem ich eigentlich sein wollte. Schließlich wollte ich hier eigentlich um das Podium meiner Altersklasse fahren. Mein Handgelenk schmerzte immer noch wenn ich länger als 2 Stunden auf dem Rad saß. Außerdem fühlte ich mich auf meinem alten Roserad überhaupt nicht wohl. Alles in Allem war ich absolut nicht in der Verfassung für ein 24 Stunden Rennen und musste auch diesen Start absagen. Schlechter hätte die Saison bis zu diesem Zeitpunkt kaum laufen können. Vier von Fünf Rennen aus unterschiedlichen Gründen abgesagt, Zwei von Drei Saisonhöhepunkten wurden zu Saisontiefpunkten.

Ich ließ mich jedoch nicht entmutigen, noch bevor mein Frust über das verpasste Rennen auf dem Nürburgring über hand gewann, fokussierte ich mein letztes Saisonhighlight, das Alpenbrevet. Außerdem kaufte ich mir einen neuen Rahmen, ein Cannondale Supersix Evo, was zusätzliche Motivation brachte.

Als Zwischenziel wählte ich noch den Highlander Radmarathon in Hohenems und so trainierte ich die nächsten Woche wieder sehr strukturiert mit vollem Fokus auf das Alpenbrevet. Meine Fitness, welche zwischenzeitlich wieder auf 70 gesunken war, steigerte ich bis zum Highlander (5) auf fast 95. Für die Leute, welche sich unter diesen Zahlen nur wenig Vorstellen können nochmal eine kleine Erläuterung. Die CTL zu steigern ist am Anfang nicht sonderlich schwierig, ab einem bestimmten Level wird es aber auch sehr schwer das Niveau zu halten. Um beispielsweise das Fitnessniveau von 95 Punkten zu halten muss man jeden Tag knapp über zwei Stunden Grundlagen fahren. Ein Leistungstest über eine Stunde entspricht einer ähnliches Belastung und das allein um das Niveau zu halten.

Aber der Aufwand lohnte sich und ich konnte beim Highlander Platz 42 von fast 700 Startern erreichen. In der anschließenden Woche, welche ich nochmals in Südtirol verbrachte, holte ich mir dann den letzten Feinschliff für das Alpenbrevet (6). Die letzten beiden Wochen vor dem Rennen versuchte ich alles exakt nach Plan zu gestalten, sowohl Trainings als auch Ernährung und so ging es topfit Ende August in die Schweiz. Und wie es in der Schweiz lief, wissen die meisten von euch ja vermutlich bereits, es lief fantastisch. Ich erreichte nach 10:36h das Ziel der Platinrunde in Meiringen. Über 280 Kilometer mit fast 7000 Höhenmetern lagen hinter mir und ich konnte dieses Extremrennen auf dem 7ten Platz beenden! Ein unglaubliches Gefühl.

Mit dem Alpenbrevet war die Saison jedoch noch nicht beendet und so trainierte ich auch danach noch voll strukturiert weiter und versuchte meine CTL von knapp über 100 weiter zu halten und auszubauen. Mit einem hochintensiven Trainingsplan ging es in die Vorbereitung auf den Rothaus Riderman in Bad Dürrheim. Das einzige Mehretappenrennen im German Cycling Cup, zudem noch mit einem enorm starken Fahrerfeld. Die ersten beiden Tagen liefen ganz gut. Die Wattwerte waren hervorragend, aber die Ergebnisse ließen noch etwas Luft nach oben, doch das sollte sich am dritten Tag ändern. Während ich am Vortag noch über 12 Minuten auf die Spitze einbüßte, konnte ich am dritten Tag den Rückstand unter einer Minute halten und kam mit der Spitzengruppe auf Platz 14 von über 700 Startern ins Ziel. Ein würdiger Saisonabschluss.

Statistiken – 2015 in Zahlen 

Die Statistiken beziehen sich auf den Zeitraum von 01.01.2015 bis 30.09.2015.

Gesamtkilometer: 11099,8 Kilometer 

Durchschnitt pro Tag: 40,8 Kilometer 

Gesamtzeit: 435 Stunden

Durchschnitt pro Tag: 1:36 Stunden

Jahresdurchschnittsgeschwindigkeit: 28,1 Km/h

Höhenmeter: 148.366 Meter (entspricht ca. 17 mal dem Mount Everest)

Verbrauchte Kalorien: 303.624 Kcal

Zusätzlicher Kalorienbedarf pro Tag: 1116 Kcal (entspricht zwei Tafeln Schokolade pro Tag)

Ausfahrten: 153 Trainingseinheiten Outdoor + 25 Indoor

Kilometer pro Ausfahrt: 72,5 Kilometer

Höhenmeter pro Ausfahrt: 969 Höhenmeter 

Bestleistung 10 Sekunden: 1001 Watt (15,8 Watt/Kg)

Bestleistung 1 Minute: 546 Watt (8,6 Watt/Kg)

Bestleistung 5 Minuten: 389 Watt (6,2 Watt/Kg)

Bestleistung 24 Minuten: 326 Watt NP (5,1 Watt/Kg)

Bestleistung 60 Minuten: 288 Watt NP (4,6 Watt/Kg)

Bestleistung 180 Minuten: 265 Watt NP (4,2 Watt/Kg)

Bestleistung 360 Minuten: 235 Watt NP (3,7 Watt/Kg)

Bestleistung 600 Minuten: 215 Watt NP (3,4 Watt/Kg)

Alles in Allem bin ich aufgrund der Ergebnisse im August und September doch recht zufrieden mit der Saison. Der Rest war jedoch oftmals mit vielen Enttäuschungen verbunden und ich konnte viele meiner Ziele nicht erreichen. Aber ich bin hochmotiviert für die nächste Saison und ihr werdet auch bald von mir zu hören bekommen was im nächsten Jahr so alles ansteht.

Bis dahin,

Euer Tom

2 Gedanken zu “Saison 2015 – Rückblick

  1. Hallo Tom,

    der obere Teil zum Performance Management Chart ist top geschrieben und genau die Info, die ich schon lang gesucht habe. Sehr hilfreich bei der Trainingssteuerung. Bitte erlaube mir, dass ich dich in meinem Blog zitieren und deinen Beitrag als Quelle angeben darf.

    VG
    Carsten

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